Inklusion & Barrierefreiheit in der Lehre

Was ist inklusive Lehre?

  • Studierende mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen (oder anderen Zugehörigkeiten zu verschiedenen Diversitätsdimensionen) können chancengleich an Lehrveranstaltungen teilnehmen. Es besteht keine Notwendigkeit zu einem "Outing". 

  • Es geht um die gesetzlich verankerte Pflicht der Hochschulen, ein diskriminierungsfreies Studium mit gleichberechtigtem Zugang für alle zu ermöglichen. 

  • Unterschiede zwischen den Studierenden werden als Chancen wahrgenommen, die sich positiv auf die Lernumgebung auswirken. Unterschiede sind keine Barrieren.

Was ist barrierefreie Lehre?

  • Behinderungen in Lehre und Studium entstehen durch die Wechselwirkung von gesundheitlichen Beeinträchtigungen und hochschulspezifischen Barrieren. Lehrveranstaltungen werden inklusiv(er), wenn Barrieren von Anfang an mitgedacht und weitestgehend vermieden werden.
  • Falls Barrieren bestehen bleiben, müssen im Einzelfall Maßnahmen ergriffen werden, um für die betroffenen Studierenden vergleichbare Bedingungen herzustellen. Dies bezieht sich auf digitale Barrieren, Barrieren, die sich aus baulicher oder technischer Infrastruktur ergeben, oder auf Vorgaben für die Organisation und Durchführung des Studiums sowie bei der Teilnahme an Lehrveranstaltungen und Prüfungen.

Mögliche Maßnahmen

Zeitbedarf

Viele gesundheitlich beeinträchtigte Studierende haben im Studium einen höheren Zeitbedarf, sei es durch die Bewältigung der Einschränkung als solche, den höheren Aufwand, den Alltagsaktivitäten ihnen abverlangen oder durch notwendige Behandlungen und Hilfeleistungen. Dieser zeitliche Mehrbedarf stellt oft eine erhebliche Hürde im Studium dar. 

Sicht und Akustik

Achten Sie darauf, dass Sie in Lehrveranstaltungen gut zu sehen und zu hören sind. Wenden Sie sich nicht zu oft vom Publikum ab. Nutzen Sie auch bei kleineren Gruppen Mikrofone: Das verbessert die Verständlichkeit und erspart Menschen mit Unterstützungsbedarf, danach fragen zu müssen. Achten Sie darauf, gut lesbare Schriften in ausreichender Größe zu verwenden. Klare Sicht und Akustik unterstützen alle Studierenden, sind aber für hör- und sehbeeinträchtigte Menschen besonders wichtig. Wenn Sie darum gebeten werden, unterstützen Sie den Einsatz von Hör- und Sehhilfsmitteln oder Dolmetscher*innen.

Platz lassen

Lehrende können zu Beginn einer Veranstaltung darauf hinweisen, einige Plätze in den vorderen Sitzreihen zunächst für Studierende mit Beeinträchtigung freizuhalten, also nicht sofort zu besetzen. Sie helfen damit Studierenden mit Seh- oder Hörschwierigkeiten und Mobilitätseinschränkungen. 

2-Sinne-Prinzip

Versuchen Sie bei der Vermittlung eines Lerninhalts grundsätzlich, mehrere Sinne anzusprechen, also mehrere Arten der Kommunikation zu nutzen. Sie können zum Beispiel sprachlich-auditive Ausführungen durch visuelle Darstellungen ergänzen oder gesprochene Wortbeiträge zusätzlich verschriftlichen. In einigen Fällen lassen sich abstrakte Zusammenhänge beispielsweise durch haptische Anschauungsgegenstände veranschaulichen. Dieses Prinzip schafft einen zusätzlichen Zugang zu den fachlichen Inhalten und unterstützt darüber hinaus diejenigen, deren Wahrnehmung in bestimmter Hinsicht eingeschränkt ist. 

Die Versprachlichung von visuellen Darstellungen fördert zudem die (fach-) sprachlichen Kompetenzen aller Studierenden und fordert zu einer vertieften Auseinandersetzung mit dem Inhalt heraus – auch der umgekehrte Weg des Visualisierens kann nutzbringend sein.

Digitale Barrierefreiheit

Weitere Informationen zu digitaler Barrierefreiheit und ihrer Umsetzung erhalten Sie auf unserer Themenseite.

Gesprächsklima

Versuchen Sie, ein Gesprächsklima zu schaffen, dass es allen Beteiligten erleichtert, sich mit ihren (fachlichen) Anliegen zu Wort zu melden. Bestenfalls sprechen Gesprächspartner*innen nacheinander und miteinander statt gleichzeitig. Vermeiden Sie Nebengespräche. Ein gutes Gesprächsklima unterstützt allgemein den inhaltlichen Lernerfolg, besonders aber Menschen mit sozialen (Kontakt-)Schwierigkeiten sowie Seh- oder Hörbeeinträchtigungen.

Offene Atmosphäre

Versuchen Sie in Ihren Kursen ein Klima zu schaffen, in dem sich alle Beteiligten mit Ihren Anliegen willkommen fühlen und in dem bei Bedarf auch persönliche (Studien-) Probleme und Einschränkungen ansprechbar sind, damit sie dem Lernziel nicht im Wege stehen. Sogenannte Access Statements informieren die Studierenden über das Bemühen um eine barrierearme Lehre und gleiche Zugangsmöglichkeiten für alle Studierenden. 

Methodische Vielfalt

Didaktische Konzepte sollten verschiedene Zugänge zum Lernen ermöglichen. Die individuellen Stärken, Fähigkeiten und Bedürfnisse können den Ausgangspunkt für die Entwicklung von didaktischen Szenarien bilden. Einerseits sollte es Raum für die individuelle Entwicklung geben, andererseits die Relevanz von standardisierten Fähigkeiten und Wissensbeständen beachtet werden. Gruppenarbeiten können für Menschen mit sozialen Ängsten herausfordernd sein. Es kann dann hilfreich sein, auf Paararbeit zurückzugreifen oder alternative Angebote zu unterbreiten. Ein Sitzkreis kann hingegen für Studierende mit Hörbeeinträchtigungen hilfreich sein.

Darüber hinaus

Informieren Sie sich über beratende Stellen an Ihrer Einrichtung, wie den Beauftragten für Studierende mit Behinderung und chronischen Erkrankungen, damit Sie Studierende gegebenenfalls an diese weiterverweisen können. Damit können Sie auch dazu beitragen die Grenzen Ihrer eigenen Beratungsleistung zu wahren. 

Informieren Sie sich zudem über den gesetzlich verankerten Anspruch auf Nachteilsausgleiche für Studierende mit Behinderung und chronischen Erkrankungen. Sie können dies beispielsweise auf unserer Themenseite tun.

Verwendete Literatur: Leitfaden "Studienwege finden - Barrieren überwinden" der Goethe Universität Frankfurt am Main (PDF, nicht barrierefrei) 

 

Weiterführende Literatur aus unserer Fachbibliothek

  • Linde, Frank & Auferkorte-Michaelis, Nicole (2021). Diversität in der Hochschullehre - Didaktik für den Lehralltag. 10.36198/9783838556031.

  • Pferdekämper-Schmidt, Anne; Sartor, Teresa; Wilkens, Leevke; York, Jana (2022). Inklusionsorientiert Lehren und Lernen. Methodenkatalog für den Hochschulkontext.

  • Podszus, Martin (2019). Bedarfe von Studierenden mit körperlich-motorischen Beeinträchtigungen im Hinblick auf den Einsatz von Blended-Learning in der Hochschullehre unter besonderer Berücksichtigung der MINT - Fächer.

  • Schütt, Marie-Luise; Gattermann-Kasper, Maike (2021). Hochschuldidaktik. In: Hericks, Nicola (Hrsg.). Inklusion, Diversität und Heterogenität. 10.1007/978-3-658-32550-3_15.

Dr.in Stefanie Dreiack

Porträtbild der Koordinatorin für Inklusion Dr.in Stefanie Dreiack

Leitung der KCS | Koordinatorin für Inklusion

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